„Ist die Frage „Altersarmut oder reich heiraten?“ für Frauen noch erlaubt?“


Diese Frage stellte Tony Gugenheimer, SPD-Vorsitzender Neu Wulmstorf. „Eigenständige Altersvorsorge ist besser“, sagt dazu Birgit Eckhoff, Vorsitzende der SPD-Frauen im Landkreis Harburg.
Tony: Durch die Presse geht ja im Moment, dass die gesetzliche Altersrente der Frauen bei durchschnittlich 936 Euro liegt. Das reicht ja nicht zu einem guten Leben, oder?
Birgit: Jedenfalls nicht hier in der Metropolregion Hamburg, wo das Leben im Verhältnis auch noch teurer ist. Hinzukommt, dass die Frauen bei uns, also in Westdeutschland, sogar im Durchschnitt noch rund zweihundert Euro weniger eigene Rente haben. Das liegt daran, dass hier das sogenannte Hausfrauenmodell weit verbreitet war. Die Kinderbetreuung ist ja bis heute nicht zufriedenstellend.
Tony: Ja, ich weiß. Als Mann aus Ostdeutschland hat mich das sehr verwundert. Da sind die neuen Bundesländer ja eindeutig moderner. Obwohl ja auch dort die Teilzeitarbeit für Frauen inzwischen stark zugenommen hat, jedenfalls im Verhältnis zu früher. Und wir wissen ja auch, dass die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen in ganz Deutschland immer noch vorhanden sind. Was machen Frauen dagegen? 
Birgit: Wir fordern seit Jahren gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit. Aber bis jetzt bedeuten die geschlechtsspezifischen Lebensverläufe leider, dass Frauen finanziell vom Ehepartner abhängig bleiben, wenn beide in Rente sind. Die gesetzliche Rente ist eben als ein Spiegel des Erwerbslebens konzipiert worden, und das sieht man gerade an solchen Vergleichen. Und für die westdeutschen Frauen sind die langen Erwerbsunterbrechungen immer besonders negativ und nachhaltig gewesen.
Tony: Also Frauen sind im Erwerbsalter oft schlechter gestellt, weil sie Frauen sind und die Familienarbeit leisten, richtig?
Birgit: Ja, stimmt. Die Care-Arbeit, also alles was man in der Familie und drumherum für andere macht, wird immer noch zu einem überwiegenden Teil von Frauen geleistet, pro Woche durchschnittlich acht Stunden mehr an Care-Arbeit als Männer. Das ist immerhin ein voller Arbeitstag extra. Da muss man sich doch nicht wundern, dass für die sozialversicherte Erwerbsarbeit weniger Zeit und Kraft bleibt, finde ich.
Tony: Wo bleibt da die Verantwortung der Ehemänner und Väter? Die haben aber mindestens immer noch eine Unterhaltsverpflichtung.

Birgit: Die bleibt auch besonders im Alter wichtig. Gerade die verheirateten Frauen sind eigentlich die ärmsten Rentnerinnen mit den niedrigsten eigenen Renten. Das heißt jedoch nicht, dass sie auch unter Altersarmut leiden. Bei uns in Deutschland wird, anders als in anderen europäischen Ländern, immer noch das gemeinsame Haushaltseinkommen zugrunde gelegt, um Altersarmut zu berechnen. Der Gatte mit der besseren Rente muss also die Ehefrau mit der niedrigeren Rente auch im Alter finanziell unterhalten. Sogar wenn dadurch beide armutsgefährdet werden.
Tony: Und ich habe mich immer über solche Anekdoten lustig gemacht, dass Frauen in Westdeutschland darauf bedacht sein sollten, reich zu heiraten. Es war also jedenfalls früher was Wahres dran. Inzwischen sind wir ja zumindest auf dem Weg zu mehr Gleichstellung im Beruf.
Birgit: Das hast Du richtig erkannt. Und klar ist auch: Ein Ehemann war noch nie eine hinreichende Altersvorsorge. Denn die Ironie des Schicksals zeigt, dass geschiedene Frauen durch den Versorgungsausgleich im Alter sogar bessergestellt sind als verheiratete. Jedenfalls wenn man ihre eigenständige Rente betrachtet. Und alleinlebende Frauen sowieso, weil sie ohne Familienarbeit nicht von der Erwerbsarbeit abgehalten werden.
Tony: Puh, kompliziertes Thema! Da bleibt wirklich noch viel zu tun und viel aufzuklären.
Birgit: Ja, nicht nur die Rentenversicherung ist oft erklärungsbedürftig, sondern auch unser bundesdeutsches Verständnis von Care-Arbeit und der jeweiligen Verpflichtung dazu. Jedenfalls ist richtig: Die gesetzliche Rente hat trotz allem für Frauen sehr viele Vorteile, gerade auch bei geringeren Einkommen aufgrund von Familienarbeit. 
Wir SPD-Frauen bieten daher in Kürze einen Vortrags- und Diskussionsabend in Neu Wulmstorf an. Zu Gast ist Dr. Judith Kerschbaumer, Rentenpolitik-Expertin aus Berlin.
Tony: Ich bin natürlich dabei. Und zwar am 18. September um 20 Uhr im Courage Familienzentrum. Der SPD Ortsverein freut sich darauf, die Veranstaltung zu unterstützen. Ich bin jedenfalls gespannt.

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Birgit Eckhoff ist Vorsitzende der SPD-Frauen im Landkreis Harburg. Sie war langjähriges Kreistagsmitglied im Landkreis Harburg.
 

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